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Berufsrechtsreform 2022

Anwälte und Steuerberater (Berufsausübungsgesellschaften)

Der Gesetzgeber hat geringfügige Korrekturen vorgenommen. Betroffen sind nur Steuerberatungsgesellschaften, bei denen auch Wirtschaftsprüfer Gesellschafter oder Geschäftsführer sind. Weitere Informationen entnehmen Sie bitte den Besonderheiten bei Steuerberatern.

Seit dem 01.08.2022 ist die Berufsrechtsreform für Anwälte und Steuerberater in Kraft. Es handelt sich hierbei um eine umfassende Neuregelung des Rechts der Anwälte und Steuerberater. Betroffen ist in der Regel auch der bisherige Versicherungsvertrag. Die Neuregelungen gelten auch für Ein-Personen-Gesellschaften (GmbH oder uG), nicht jedoch für die Ausübung des Berufs als alleinige natürliche Person (Einzelunternehmen).

Alle Berufsausübungsgesellschaften versicherungspflichtig. Dies liegt daran, dass künftig die Rechts- bzw. Steuerberatungsbefugnis direkt der Berufsausübungsgesellschaft zugewiesen wird.

Kurzinformationen finden Sie hier:

OnePager - alles auf einen Blick

In R+V CONNECT wird zum HR 02 2022 ein Produkt-update eingeführt. Dieses beinhaltet einen neuen Tarif für die Berufsausübungsgesellschaften sowie Anpassungen der Versicherungsbedingungen. Der Release-Termin ist der 25.06.2022.

Freie Berufe können sich zukünftig in Berufsausübungsgesellschaften in unterschiedlichen Rechtsformen organisieren und mit anderen Berufen zusammenarbeiten. Grenze ist stets das eigene Berufsrecht des Anwalts- oder Steuerberaters.
Besonderheiten bei Anwälten und Steuerberatern finden Sie in den nachstehenden Klappboxen. Zu den Auswirkungen bei interprofessioneller Zusammenarbeit siehe gesonderte Klappbox.

Die Berufsausübungsgesellschaft

Neuer zentraler Begriff ist die Berufsausübungsgesellschaft. Diese hat zukünftig die Befugnis, berufliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen und vor Gerichten und Behörden ihre Mandanten und Klienten zu vertreten.

Dies hat zur Folge, dass alle Gesellschaften versicherungspflichtig werden. Ist die Rechtsform der Kanzlei haftungsbeschränkt, besteht auch eine Zulassungspflicht. Eine Haftungsbeschränkung liegt vor, wenn  keine natürliche Person haftet.

Bitte beachten Sie: Eine Berufsausübungsgesellschaft liegt z.B. auch dann vor, wenn 1 Rechtsanwalt sich nur mit Steuerberatern gesellschaftsrechtlich verbindet. Ist diese Gesellschaft allerdings nicht anwaltlich tätig, so unterliegt sie nur dem Berufsrecht der Steuerberater.

 

Berufliche Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Berufe

Die Möglichkeit zur gemeinschaftlichen Berufsausübung wird erweitert. Neben der bisherigen interprofessionellen Zusammenarbeit zwischen Anwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern, können Anwälte und Steuerberater künftig auch mit Angehörigen anderer Berufe zusammenarbeiten. Dies sind Berufsgruppen, die in § 1 Absatz 2 Partnerschaftsgesellschaft (PartGG) abschließend genannt sind. Außerhalb dieser Berufsgruppen ist nur eine Kooperation oder Bürogemeinschaft möglich.

Bitte beachten Sie: Eine Zusammenarbeit mit einem Notar führt auch weiterhin nicht zur gemeinschaftlichen Berufsausübung.

Rechtsformen
Zukünftig stehen den Berufsträgern alle deutsche Gesellschaftsformen (einschließlich Handelsgesellschaften), europäische Gesellschaften sowie Gesellschaftsformen der EU/EWR zur Verfügung. Das bedeutet aber auch, dass die ltd. sowie die LLP grundsätzlich nicht den selben Status erhalten, wie eine deutsche oder EU/EWR-Gesellschaft.

Die Höhe der Mindest-Versicherungssumme ist an die Frage der gesellschaftsrechtlichen Haftungsbeschränkung geknüpft:

Haftungsbeschränkte Rechtsformen (Beispiele)

  • Aktiengesellschaft, GmbH, Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)
  • KG, GmbH & Co. KG
  • Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartmbB)

Nicht haftungsbeschränkte Rechtsformen (Beispiele)

  • Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
  • Partnerschaftsgesellschaft
  • Offene Handelsgesellschaft (OHG)

Bürogemeinschaft, Kooperation

Von den Rechtsformen zu unterscheiden sind andere Formen der beruflichen Zusammenarbeit, insbesondere die Kooperation oder die Bürogemeinschaft. Erstmalig wird in den Berufsgesetzen die Bürogemeinschaft legal definiert:
Anwälte (auch Steuerberater) können sich zu einer Gesellschaft verbinden, die der gemeinschaftlichen Organisation der Berufstätigkeit der Gesellschafter unter gemeinschaftlicher Nutzung von Betriebsmitteln dient, jedoch nicht selbst als Vertragspartner von (anwaltlichen) Mandatsverträgen auftreten soll.

ACHTUNG: Es handelt sich in erster Linie um eine berufsrechtliche Vorschrift und betrifft nur das Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander. Davon zu unterscheiden ist die Frage einer zivilrechtlichen Haftung gegenüber Mandanten: Wenn nach außen der Eindruck erweckt wird, es handelt sich um eine gemeinschaftliche Berufsausübung, kann es auch zu einer zivilrechtlichen Haftung kommen. Wir wenden auch weiterhin die Gesellschaftsklausel (Sozienklausel) an.

Zulassung

Grundsätzlich benötigt jede Berufsausübungsgesellschaft eine Zulassung. Ausnahme: Nicht haftungsbeschränkte Gesellschaften, denen nur deutsche Anwälte, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer angehören. Diese Gesellschaften können sich aber freiwillig zulassen.

Folgende Rechtsformen sind zulassungspflichtig:

  • Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung
  • Berufsausübungsgesellschaften mit ausländischen Anwälten oder Steuerberatern
  • jede Zusammenarbeit mit anderen freien Berufen im Sinne von § 1 Absatz 2 PartGG (z.B. Ärzte, Architekten, Unternehmensberater)


Bitte beachten Sie: Die berufliche Zusammenarbeit mit anderen freien Berufen kann durch die Berufskammer untersagt werden, wenn hierdurch die Unabhängigkeit der Rechtspflege gefährdet ist. Das wird in der Regel bei Immobilienmaklern oder Versicherungsvermittlern zutreffen.  Bei Unternehmensberatern wird es auf den Einzelfall ankommen.

Versicherungspflicht

Berufsausübungsgesellschaften sind verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen und während der Dauer ihrer Betätigung aufrechtzuerhalten.

Neue Mindest-Versicherungssummen

  • 500.000 EUR für nicht haftungsbeschränkte Gesellschaften
  • 1 Mio. EUR für haftungsbeschränkte Steuerberatungsgesellschaften
  • 2,5 Mio. EUR für haftungsbeschränkte Anwaltsgesellschaften


Bitte beachten Sie: Bei haftungsbeschränkten Anwaltsgesellschaften besteht die Möglichkeit, die Versicherungssumme auf 1 Mio. EUR zu reduzieren. Dies ist aber nur dann rechtlich zulässig, wenn insgesamt nicht mehr als 10 Personen tätig sind. Bei der Ermittlung der Personenzahl ist dabei nicht nur auf anwaltliche Berufsträger abzustellen, sondern auf alle freien Berufe im Sinne von § 1 Absatz 2  PartG. Daher wird eine Versicherungssumme von weniger als 2,5 Mio. EUR nicht empfohlen. Sofern der Kunde eine geringere Versicherungssumme ausdrücklich wünscht, ist auf die Haftungsfolgen wegen unzureichendem Versicherungsschutz hinzuweisen und dies zu dokumentieren.

Jahreshöchstleistung
Die Jahreshöchstleistung berechnet sich nach der Anzahl der Gesellschafter und der Geschäftsführer und muss mindestens das 4fache der Mindest-Versicherungssumme betragen. Dies entspricht der bisherigen Regelung bei der Anwalts-GmbH.

Bitte beachten Sie: Bei einer GmbH & Co.KG ist bei der Berechnung der Jahreshöchstleistung die Zahl der Gesellschafter und Geschäftsführer maßgeblich (natürliche Personen), nicht die beteiligte Berufsausübungsgesellschaft (i.d.R die Verwaltungs-GmbH). Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu denjenigen Berufen, die der Gewerbeordnung unterliegen.

Aufrechterhaltung
Die Versicherung ist während der Dauer der Berufsausübung aufrechtzuerhalten. Eine vorübergehende Nichtausübung der beruflichen Tätigkeit führt nicht zu einer Aufhebung oder Ruhestellung des Versicherungsvertrags. Dies wäre auch für den Kunden gefährlich, da berufliche Fehler oftmals durch Untätigkeiten (Unterlassen einer gebotenen Handlung) entstehen.

Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Auftragsbedingungen
Die Einführung einer Versicherungspflicht für die GbR und die Erhöhung der Mindest-Versicherungssumme bei einer steuerberatenden GmbH hat unmittelbare Auswirkung auf die Anforderungen des Versicherungsschutzes bei einer vertraglichen Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Auftragsbedingungen. Es muss stets der 4fache Betrag der Mindest-Versicherungssumme vereinbart werden.

Übergangsvorschriften

Bereits zugelassen (insbesondere die GmbH)
Für Gesellschaften, die vor dem 01.08.2022 bereits zugelassen oder anerkannt waren, besteht die bisherige Zulassung auch nach dem neuen Recht fort, ohne dass der Berufsträger tätig werden muss.

Zulassungsbedürftig (PartmbB)
Die Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung ist zwar bereits seit 2013 versicherungspflichtig, aber eben nicht zugelassen. Diese müssen bis zum 01. November 2022 eine Zulassung bei ihrer Berufskammer beantragen.

Die Berufskammern werden voraussichtlich die bisherige Versicherungsbestätigung anerkennen. Im Zweifel stellt der Fachbereich eine neue Versicherungsbestätigung aus.

Nicht haftungsbeschränkte Berufsausübungsgesellschaften
Für diese besteht leider keine Übergangsvorschrift mit der Folge, dass der Versicherungsvertrag mit Wirkung ab dem 01.08.2022 rechtskonform abgeschlossen sein muss.

Ausländische Berufsausübungsgesellschaften (Hauptsitz in Drittstaaten)

Gesellschaftsformen außerhalb der EU/EWR können sich zukünftig nach der neuen Vorschrift des § 207a BRAO bzw. nach § 159 PAO als Zweigniederlassung bei der örtlich zuständigen Berufskammer zulassen. Betroffen ist insbesondere die LLP.

Hier ist zu raten, dass sich die Gesellschaft erst mit der Neuregelung vertraut macht und die Zulassungsvoraussetzungen zunächst mit der Berufskammer abklärt. Der Fachbereich benötigt insbesondere die Angabe, ob eine Vollerlaubnis angestrebt wird oder nicht. Das hängt von der zukünftigen Organisation der Berufsauübungsgesellschaft ab.

Gesellschafter und Angestellte (eigener Versicherungsnachweis)

Jeder Anwalt benötigt auch weiterhin einen eigenen Versicherungsnachweis nach § 51 BRAO bzw. § 45 PAO.

Haftung für fehlenden Versicherungsschutz einer Berufsausübungsgesellschaft

Wird die Berufshaftpflicht nicht oder nicht in dem vorgeschriebenen Umfang unterhalten, so haften neben der Gesellschaft die Gesellschafter und Mitglieder der Geschäftsführung persönlich und unmittelbar in Höhe der Differenz zum fehlenden Versicherungsschutz. Dies gilt auch für haftungsbeschränkte Gesellschaften.

Bitte beachten Sie: Eine anderweitige Versicherung, insbesondere die Zulassungs-Police, kommt hierfür nicht auf. Auch bei Kanzleien in der Rechtsform der GbR haftet bislang der Gesellschafter, der zugleich Geschäftsführer ist, persönlich und unmittelbar, wenn die Versicherungssumme im Haftungsfall nicht ausreichend beantragt war.

Mindest-Jahreshöchstleistung - gültig ab 16.03.2023

Die gesetzliche Mindest-Jahreshöchstleistung berechnet sich nach der Anzahl der anwaltlichen Gesellschafter und der Geschäftsführer und muss mindestens das 4fache der Mindest-Versicherungssumme betragen. Dies entspricht der bisherigen Regelung bei der Anwalts-GmbH. Die Aufnahme des Begriffs in der gesetzlichen Regelung dient nur der Klarstellung.

Mindest-Jahreshöchstleistung - gültig ab 16.03.2023

Die Jahreshöchstleistung berechnet sich zukünftig nach der Anzahl der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Gesellschafter und Geschäftsführer und muss mindestens das 4fache der Mindest-Versicherungssumme betragen. Dies gilt unabhängig davon, ob der wirtschaftsprüfende Gesellschafter oder Geschäftführer bzw. deren Berufsausübungsgesellschaft bereits nach § 54 WPO versicherungspflichtig ist.

Zulassungspolice für Gesellschafter und Geschäftsführer (aktualisiert am 06.04.2022)

In folgenden Konstellation besteht eine zusätzliche Versicherungspflicht in Höhe von mindestens 250000 EUR für die natürliche Person.

Gesellschafter einer Berufsausübungsgesellschaft (neu ab 01.08.2022)
Der Abschluss kann bereits heute über R+V CONNECT vereinbart werden. Entweder als Einzelunternehmen oder bei der GmbH durch Auswahl einer weiteren versicherten Person. Der Beitrag ist identisch.

Geschäftsführer einer Berufsausübungsgesellschaft (neu ab 01.08.2022)
Ist der Geschäftsführer angestellt, besteht grundsätzlich keine zusätzliche Versicherungspflicht.

Eigene Mandate außerhalb der Berufsausübungsgesellschaft (unverändert)
Es besteht bereits heute eine zusätzliche Versicherungspflicht.


Bitte beachten Sie: Auch bei einer Strafverteidigung in Steuerangelegenheiten ist der Berufsträger stets außerhalb der Berufsgesellschaft tätig und damit versicherungspflichtig. Dies gilt unabhängig davon, ob der Berufsträger Gesellschafter, Geschäftsführer, Angestellter oder freier Mitarbeiter ist.

Die berufliche Zusammenarbeit mit anderen Berufen (interprofessionelle Zusammenarbeit) kann zu einer akzessorischen Haftung berufsfremder Personen führen. Es handelt sich dabei um eine gesellschaftsrechtliche Haftung, die ähnlich einer Bürgschaft ausgestaltet ist. Mit der Berufsrechtsreform können Anwälte und Steuerberater auch mit anderen Berufen zusammenarbeiten, sowie es sich um Berufe nach § 1 Absatz 2 PartGG handelt und die Berufskammer kein Verbot der beruflichen Zusammenarbeit ausgesprochen hat.

R+V versichert dieses Risiko im Rahmen der berufsangehörigen Gesellschaft mit. Hierzu wurde eine GDV-Musterklausel entwickelt, die lautet:
Mitversichert ist im Rahmen des Vertrags die persönliche gesetzliche Haftpflicht zugunsten eines berufsfremden Gesellschafters, soweit dieser für einen Versicherungsfall des in diesem Vertrag versicherten berufsangehörigen Versicherungsnehmers in Anspruch genommen wird.

Bitte beachten Sie:
Es ist notwendig, dass bei einer interprofessionellen Zusammenarbeit in allen Versicherungsverträgen der Gesellschaft diese Klausel vereinbart hat, sog. Gegenseitigkeit. 


Zur Unterstützung finden Sie hier Vorschläge für Rückantworten.

Bitte beachten Sie: Bei der Beantwortung von Kundenanliegen kommt es auf den konkreten Einzelfall an. Deshalb sollte bis auf weiteres eine Abstimmung mit dem Innendienst erfolgen.

Anfrage eines Einzel-Anwalts (natürliche Person)

Üben Sie Ihren Beruf allein aus, sind Sie von der Berufsrechtsreform nicht betroffen. Der Gesetzgeber hat davon abgesehen, die Mindest-Versicherungssumme nach § 51 BRAO zu erhöhen. Wir möchten dies trotzdem zum Anlass nehmen, dass Sie die Höhe Ihres Versicherungsschutzes überprüfen.  Wir empfehlen mindestens 500.000 EUR zu vereinbaren, besser 1 Mio. EUR. Gerade in Familien- und Scheidungsangelegenheiten können auch im Einzelfall Schadenersatzforderungen oberhalb von 250.000 EUR auf Sie zukommen. Aber auch bei der Geltendmachung von Schadenersatzforderungen wegen Personenschäden Ihres Mandanten, die eventuell auch eine Verrentung nach sich ziehen, können erhebliche Summen geltend gemacht werden.

Anfrage einer 1-Personen-GmbH (Rechtsanwalt)

Sind Sie bereits als GmbH zugelassen, dann brauchen Sie nichts zu veranlassen. Für bereits zugelassene Rechtsanwaltsgesellschaften hat der Gesetzgeber geregelt, dass Ihre Zulassung auch nach den Neuregelungen fortbesteht. Auch die Abgabe einer neuen Versicherungsbestätigung ist nicht notwendig.


Die Einführung neuer Tarife und Bedingungen in R+V CONNECT erfolgt zum HR 02 2022. Zu diesem Zeitpunkt werden auch die Verkaufsunterlagen aktualisiert.

Vorabinformationen zum Tarif (neu)

Tarife für Gesellschaften von Anwälten und Steuerberatern:

Weitere Informationen sowie Unterlagen zur Verkaufsunterstützung stehen Ihnen auf der Seite Vermögensschaden-Haftpflicht zur Verfügung

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